Wie sich Kaffee auf den Körper auswirkt

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Kaffee ist das heiß diskutierteste Getränk in meiner Praxis. Nur wenige Menschen können sich vorstellen, auf ihre morgendliche Tasse Kaffee zu verzichten. Einige wiederum machen genau das, weil sie bemerkten, dass sich die Umstellung auf Tee oder koffeinfreie Kaffeealternativen positiv auf ihr Wohlbefinden auswirkt. Diese Erfahrung kann man jedoch nur durch achtsame Selbstbeobachtung und eine vorübergehende Umstellung machen. Jährliche Kaffee-Konsum-Reports und weitere Studien zur gesundheitsförderlichen oder schädlichen Wirkung helfen den Einzelnen dabei nur bedingt weiter.

In diesem Artikel möchte ich versuchen, dich für das beliebteste Heißgetränk unserer Gesellschaft zu sensibilisieren und dir ein paar Anhaltspunkte zu geben, an denen du merkst, dass sich ein genauer Blick in die Tasse auch für dich lohnen kann.

Ist Kaffee schlecht für die Gesundheit?

Noch vor ein paar Jahren galt Kaffee als gesundheitsschädlich. Die Weltgesundheitsorganisation hat Kaffee sogar als möglicherweise krebserregend eingeschätzt. Mittlerweile wurden die damaligen Ergebnisse revidiert, da der Studienaufbau schlecht gewesen sei. Die Schnittmenge von Kaffee- und Zigarettenkonsum wurde unbeachtet gelassen. Heute bringen Statistiken regelmäßigen Kaffeekonsum mit einer längeren Lebenszeit in Verbindung. Aktuelle Studienergebnisse schreiben Koffein sogar eine mögliche Schutzwirkung gegen verschiedene Krebsarten zu. Die Aussagen der Forschenden schwanken und lassen die Einzelnen, wie bei so vielen Gesundheitsthemen, etwas verloren in einer Flut aus Schlagzeilen und Zahlen zurück. Die Studienlage kann die Auswirkung von Kaffee auf die eigene Gesundheit also eher unzureichend beantworten. Deshalb möchte ich die gestellte Frage etwas umformulieren:

Ist Kaffee schlecht für deine Gesundheit?

Um das zu klären schauen wir zuerst, wie Kaffee seine belebende Wirkung im Körper entfaltet und wie Koffein unsere Stressressistenz beeinflussen kann.

Mögliche Anzeichen, dass du zu viel Kaffee trinkst

 

  • Du kommst morgens schwer in Gänge, bist müde, unausgeschlafen, oder gereizt
  • Deine Belastbarkeit nimmt schon am Vormittag drastisch ab
  • Du fühlst Dich über die meiste Zeit der Woche erschöpft
  • Du leidest unter Ein- oder Durchschlafstörungen
  • Ohne Kaffee geht bei Dir gar nichts
  • Kaffee schmeckt Dir nicht, Du trinkst ihn aber trotzdem regelmäßig
  • Du bist mental eher wenig belastbar
  • Du bist öfter von Sinneswahrnehmungen überreizt
  • Du bist längere Zeit nervös und unruhig
  • Dir fällt es schwer den Faden zu behalten oder fokussiert an einer Sache zu arbeiten

Warum macht Kaffee wach?

Verantwortlich für den wachmachenden Effekt des Kaffees ist das enthaltene Koffein, eine psychoaktive Substanz, die rund 15 Minuten nach dem Kaffeekonsum in das Gehirn gelangt. Dort besetzt es Rezeptoren, die eigentlich für das Signalmolekül Adenosin bereitgestellt sind. Adenosin entsteht als Abbauprodukt in den Zellen, wenn diese Energie verbrauchen. Grob gesagt: Je mehr Arbeit wir vollrichten – mental oder körperlich – desto mehr steigt die Adenosinkonzentration im Gehirn an. Dadurch wächst der Schlafdruck, der Blutdruck wird gesenkt, wir werden unkonzentriert und müde. Koffein verhindert diese Wirkung in dem es die Andockstellen des Adenosins blockiert und zugleich die Ausschüttung des belebenden und aktivierenden Hormons Adrenalin erhöht. Das sogenannte Stresshormon erhöht für kurze Zeit Konzentration und Leistungsfähigkeit. Es ist aber auch mitverantwortlich für die unangenehmen Effekte des Kaffees – schwitzige Hände, Herzrasen, Unruhe und Übererregbarkeit. Je nach individueller Sensibilität des Nervensystems auf die Koffeinzufuhr und langfristiger Anpassungsprozesse, ist die Dauer dieser Effekte bei jedem Menschen unterschiedlich.

Natürliches Wachwerden braucht Zeit: Versuche Koffein in den ersten beiden Stunden nach dem Aufstehen zu meiden. Etwas Bewegung, Tageslicht und frische Morgenluft sind ein super Ersatz für die erste Tasse Kaffee am Tag.

Was passiert bei täglichem Kaffeekonsum?

Machen wir uns die stimulierende Wirkung des Kaffees regelmäßig zu Nutze, reagiert unser Nervensystem in dem es mehr Andockstellen für das Adenosin bereitstellt. Dieser Vorgang macht sich darin bemerkbar, dass die eine Tasse Kaffee nicht mehr ausreicht, um uns fit für den Tag zu machen. Die Wirkung verflacht immer schneller und der tägliche Kaffeekonsum geht langsam in die Höhe. Dieser Effekt wiegt besonders schwer, wenn wir unserem Körper zu früh am Tag einen Koffein-Booster versetzen und so den natürlichen Aufwachprozess stören.

Nach dem Wachwerden produziert ein funktionierendes Hormonsystem eine große Menge Cortisol, das den Körper aktiviert und ihm über den Tag hinweg als Vorrat zur Stressbewältigung dienen soll. Cortisol hat eine ähnliche Wirkung auf den Körper wie das künstlich zugeführte Koffein. Kommt am Morgen nun beides zusammen, konkurrieren die Mechanismen wobei der Körper schließlich nachgibt. Bei gesteigertem Kaffeekonsum über einen längeren Zeitraum kann so das Hormonsystem aus dem Gleichgewicht geraten. Langfristig kann die Cortisol-Sensitivität zurückgefahren und so die Wirkung des Hormons beeinträchtigt werden. Der Körper verlernt dadurch einen elementaren Mechanismus zur Stressbewältigung.

Selbstversuch: Drei Wochen ohne Koffein? Klingt schlimmer als es am Ende sein wird.
Der wichtigste Tipp: Schleiche deine Koffeinzufuhr über mehrere Tage langsam aus, um Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen und starke Müdigkeit zu vermeiden.

Ist Kaffee schlecht für deine Gesundheit?

Kommen wir zurück zur eigentlichen Frage. Profitierst du von der belebenden Wirkung des Koffeins auf das Nervensystem, oder leidet dein Stoffwechsel und Hormonhaushalt vielleicht schon unter der Menge an stimulierenden Stoffen, die du dir täglich aufbrühst? Wenn du bemerkst, dass die belebende Wirkung bei dir rasch verfliegt und du deine Tasse am liebsten direkt nachfüllen möchtest, wenn du dich nach dem Konsum von Kaffee unruhig, nervös oder überreizt fühlst, aber auch wenn du regelmäßig Kaffee trinkst, der dir eigentlich gar nicht schmeckt, können das Zeichen dafür sein, dass bei dir der Genuss schon nicht mehr im Vordergrund steht. Eine dreiwöchige Entwöhnung bietet dir eine Gelegenheit die Auswirkungen deines Kaffeekonsums einmal von außen zu betrachten.

Fazit

Wir können durch übermäßigen Kaffeekonsum einen langfristigen Einfluss auf das Nervensystem nehmen. Wie stark die regelmäßige Koffeinzufuhr auf uns wirkt, ist von individuellen Faktoren abhängig. Die eingangs gestellten Fragen lassen sich am besten in einer ausgiebigen medizinischen Untersuchung, unter Einbezug unserer Lebensgewohnheiten und Beschwerden beantworten. In meiner Praxis mache ich regelmäßig gute Erfahrungen damit, Patient:innen zu einer zeitweiligen Pause zu motivieren. Vor allem die naturheilkundliche Behandlung von stressbedingten Körperreaktionen bei Erschöpfung und Burnout, aber auch von chronischer Fatigue und Depressionen kann, nach meiner Erfahrung, durch eine vorübergehende Koffein-Entwöhnung positiv beeinflusst werden.

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